Trotzkismus
Das auf Leo Trotzki (1879 - 1940), – eigentlich Leo Dawidowitsch Bronstein – zurückgehende Modell des Sozialismus stellt keine in sich geschlossene eigenständige Lehre, sondern eine Modifikation des Marxismus-Leninismus dar, die vor allem aus der Opposition von Trotzki zu Stalin entstanden ist. Trotzkisten bezeichnen sich selbst als "Bolschewisten-Leninisten ", um ihre Nähe zu Lenin zu betonen und betrachten sich als Anhänger des "reinen" Marxismus.
Wesentliche Elemente sind die Theorie der "permanenten Revolution" (und die damit verbundene Kritik an der seit der Herrschaft Stalins eingetretenen "bürokratischen Entartung" der Sowjetunion, der Glaube an die Weltrevolution (im Unterschied zu Stalins "Sozialismus in einem Lande"), das Ziel der Errichtung einer "Diktatur des Proletariats" in Form einer Rätedemokratie und das Festhalten am proletarischen Internationalismus. Trotzki war der Überzeugung, eine einmalige Revolution reiche nicht aus, man müsse vielmehr zu einer Art dauernder Revolution kommen. Außerdem hatte für ihn die Arbeiterschaft (Proletariat) einen anderen Stellenwert. Sie bildet nach seiner Auffassung die einzige Vorhut der Revolution und soll bei der Führung der revolutionären Bewegung von der für Trotzki zweitrangigen Bauernschaft lediglich unterstützt werden. Deshalb müsse die Revolution international werden, denn nur mit Hilfe eines sozialistischen "Westens" lasse sich auch in Russland eine sozialistische Gesellschaft aufbauen.
Trotzkisten wenden sich auch gegen Parteibürokratie und lehnen in Deutschland in diesem Zusammenhang zum Beispiel die kommunistische DKP als bürokratisch degeneriert ab. Die im Trotzkismus erlaubte Fraktionsbildung führte zu einer Vielzahl von Parteien und Organisationen , die in unterschiedlichen internationalen Verbindungen (IV. Internationale, eine in London, die andere in Paris) organisiert sind.
Der Trotzkismus hat in einigen europäischen Ländern eine größere Bedeutung als in Deutschland. Sie wollen eine kommunistische Gesellschaftsordnung errichten, wobei die "Zerschlagung des bürgerlichen Staatsapparates" sowie die Errichtung der "Diktatur des Proletariats" für sie unverzichtbare Voraussetzungen für den Aufbau des Sozialismus sind. Die Bewaffnung des Proletariats ist dabei "unvermeidlicher Bestandteil seines Befreiungskampfes".
Charakteristische Vorgehensweise für trotzkistische Vereinigungen ist die so genannte Entrismus-Taktik, wobei sie mit ihrem gezielten und heimlichen Eindringen in demokratische Organisationen - bevorzugte Objekte sind zum Beispiel Parteien, Gewerkschaften, Schüler- und Studentenvereinigungen, Umweltgruppen und ähnliche - von innen heraus Einfluss auf politische Entscheidungen zu nehmen versuchen. Ziel ist dabei, die eigene Ideologie zu verbreiten und die Organisationen für eigene Zwecke zu instrumentalisieren.